Professorische Lehrstühle

Von der ISREC Stiftung geschaffene Lehrstühle ermöglichen es jungen Professoren und Professorinnen, die einer schweizerischen akademischen Institution angehören, ihre Forschungskarriere in Gang zu bringen.

Die Mittel für diese Lehrstühle stammen aus dem Vermögen der Stiftung. Die ISREC Stiftung übernimmt die wissenschaftliche und administrative Aufsicht der Finanzierung und gewährleistet so, dass die bereitgestellten Mittel bestimmungsgemäss genutzt werden. 

Paternot Lehrstuhl für interdisziplinäre Krebsforschung – Prof. Nicolas Thomä (EPFL)

Prof. Nicolas Thomä

Prof. Nicolas H. Thomä, der im September 2023 zum ordentlichen Professor an der Fakultät für Biowissenschaften der EPFL ernannt wurde, kommt vom Friedrich-Miescher-Institut für biomedizinische Forschung in Basel, wo er seit 2006 ein Weltklasse-Forscherteam in struktureller und chemischer Biologie leitete. Nicolas Thomä ist Experte für chemische Biologie, Röntgenkristallographie und Kryoelektronenmikroskopie. Er nutzt diese hochmodernen Technologien, um grosse Proteinansammlungen zu untersuchen, die an der Entstehung von Krankheiten beim Menschen beteiligt sind. Im Laufe seiner Karriere machte Prof. Thomä eine Reihe von bahnbrechenden Entdeckungen im Bereich der molekularen Strukturen und Interaktionen, die für den gezielten Abbau von pathologischen Proteinen wichtig sind. Seine Arbeit ebnet neuen Ansätzen im Bereich der Entwicklung von Krebsmedikamenten den Weg. Für seine innovative Forschung erhielt Prof. Thomä im Jahr 2022 den Otto Naegeli-Preis, eine der renommiertesten Auszeichnungen für medizinische Forschung, die in der Schweiz vergeben werden. Als einer der wenigen Forschenden erhielt er zudem dreimal hintereinander Zuschüsse vom Europäischen Forschungsrat (2010, 2015 und 2020).

Forschung

Protein-Protein-Interaktionen sind bei allen Entscheidungen über das Zellschicksal von Bedeutung. Veränderungen dieser Interaktionen und die Signalvorgänge, die sie regulieren, stehen im Mittelpunkt nahezu aller menschlichen Erkrankungen. Eine Reprogrammierung von Protein-Protein-Interaktomen bietet deshalb bedeutende Chancen für therapeutische Eingriffe. Neue Erkenntnisse auf dem Gebiet des gezielten Proteinabbaus zeigen, dass kleine Moleküle eine Reprogrammierung von Protein-Protein-Interaktionen effizient induzieren können, oftmals indem neue Kontakte ermöglicht werden. Therapeutisch bedeutsame, durch Proteine bewirkte Zell-Zell-Interaktionen können auch mittels synthetischer Biologie oder zellulärer Reprogrammierung erzeugt werden, so wie sie bei T-Zell-Therapien angewendet wird. Beide Innovationen sind vielversprechend und haben in kurzer Zeit zu therapeutischen Durchbrüchen für klinische Anwendungen geführt. Um solche Ansätze zu optimieren, braucht es jedoch ein tieferes Verständnis der Protein-Protein-Schnittstellen und die Fähigkeit, diese umzuprogrammieren oder zu erzeugen. Kürzlich erzielte Fortschritte in den Bereichen der computergestützten Vorhersage von Proteinstrukturen und der Analyse von Protein-Protein-Schnittstellen öffnen nun die Tür für Designer-Therapien, die entweder auf molekularen «Klebstoffen» oder Designer-Bindungsschnittstellen in rekombinanten, an der Zelloberfläche exprimierten Proteinen basieren. Dies ist der von Prof. Nicolas Thomä gewählte Ansatz: In Zusammenarbeit mit Chemikern, KI-Spezialisten und medizinischen Experten an der EPFL und dem CHUV wird er modellgestütztes Proteindesign und neuartige Screening-Methoden anwenden, um Protein-Protein-Interaktionen vorherzusagen und zu modulieren.

Das Spezialgebiet von Prof. Thomä sind kleine Moleküle, sogenannte «molekulare Klebstoffe». Dabei handelt es sich um kleine chemische Einheiten, die Interaktionen zwischen zwei Proteinen fördern. In seinem Labor wurden schon etliche molekulare Klebstoffe charakterisiert. Entweder regulieren diese die Proteinstabilität, indem sie das Protein, das sie binden, für eine Ubiquitin-Ligase zugänglich machen, oder sie führen andere Protein-Protein-Interaktionen herbei, mit anderen Auswirkungen. Die Anwendung dieser Strategie zur Entwicklung von Rezeptor-Ligand-Interaktionen an der Oberfläche von T-Zellen oder sonstigen krankheitsrelevanten hämatopoetischen Zellen könnte neue Wege für die Verbesserung der Krebsimmuntherapie eröffnen. Und falls diese Methode erfolgreich ist, könnte sie möglicherweise auch bei anderen Krankheiten eingesetzt werden.

Die Vorhersage und Manipulation von Protein-Protein-Schnittstellen mittels künstlich veränderten T-Zell-Rezeptoren werden mit Prof. Thomäs Expertise im Bereich der gezielt entworfenen kleinen Molekülen verbunden. Diese Art der synthetischen Biologie erfordert Hochdurchsatz-Molekularscreening kombiniert mit zellbasierten Untersuchungen, die den sachdienlichen biologischen Kontext und die geeigneten therapeutischen Messwerte für krankheitsrelevante Modelle liefern. Prof. Thomä beabsichtigt, die modellbasierte Entwicklung von Proteinen mit Ansätzen zu kombinieren, in denen kleine Moleküle verwendet werden, um Proteininteraktome zu optimieren. So soll der Weg für wirksamere Krebstherapien geebnet werden. Zu den verschiedenen Vorhaben trägt Prof. Thomä seine Expertise in Bezug auf Spitzentechnologien wie die kryogene Elektronenmikroskopie, das genetische Screening mit hohem Durchsatz und den rechnergestützten Proteinentwurf bei.

Zu den spezifischen Projekten gehören:

  • Das T-Zell-Engineering von Oberflächenrezeptoren für CAR-T-Zellen
  • Die Entwicklung von antikörpergetriebenen Technologien für den gezielten Abbau von Oberflächenproteinen (ProTABs)
  • Das Anvisieren von onkogenen Transkriptionsfaktoren für deren Abbau mittels molekularer Klebstoffe
  • Die Verbesserung der Erkennungsfähigkeiten von künstlich veränderten Immunzellen

Bild: ©KEYSTONE – Christian Beutler

Lehrstuhl für Immunonkologie – Prof. Mikaël Pittet (UNIGE/AGORA)

Prof. Mikaël Pittet

Nach seiner Ernennung im April 2019 hat Prof. Mikaël Pittet im Spätsommer 2020 seine Stelle angetreten. Seine Laboratorien befinden sich im AGORA Krebsforschungszentrum. Er ist der Universität Genf angegliedert und widmet sich der Krebsimmunität im Kontext.

Seit 2020 gehört er laut dem Ranking des «Web of Science» zu den meistzitierten Forschenden der Welt; eine Leistung welche die Bedeutung seiner wissenschaftlichen Arbeit unterstreicht. In seiner Forschung befasst sich Prof. Mikaël Pittet mit dem Immunsystem. Er will verstehen, wie dieses die Krebsentwicklung kontrolliert und wie es für therapeutische Zwecke eingesetzt werden kann.

Er hat schon mehr als 120 wissenschaftliche Artikel publiziert, wurde über 15’000-mal zitiert und kann einen h-Index von circa 60 vorweisen. Seine wachsende internationale Anerkennung wurde durch die Verleihung des renommierten Robert Wenner-Preises der Krebsliga Schweiz (2016) unterstrichen. Im Jahr 2023 erhielt er zudem den angesehenen Prix du Rayonnement Académique der Société Académique Vaudoise.

Forschungsgebiet

Für seine Forschungsarbeit benutzt Prof. Pittet Ansätze der systemischen Biologie, mit dem Ziel zu verstehen, wie das Immunsystem den Krebs kontrolliert und wie dieses für die Therapie eingesetzt werden kann. So konnte er aufklären, wie verschiede Immunzellen, darunter T-Lymphozyten, Makrophagen, Monozyten und Neutrophile, das Tumorwachstum regulieren.

Die gegenwärtig verwendeten Krebsimmuntherapien zielen darauf ab, T-Lymphozyten zu stimulieren. In aktiviertem Zustand sind diese Immunzellen in der Lage, Tumorzellen zu beseitigen. Immuntherapien revolutionieren die Behandlung von Krebserkrankungen und sie weisen zunehmend beeindruckende Vorteile für das Überleben der Patienten auf. Leider sind die aktuellen Behandlungen aber nur den wenigsten Erkrankten von Nutzen.

Aus diesem Grund ist ein wichtiges Ziel des Forschungslabors von Prof. Pittet herauszufinden, ob andere Immunzellen ebenfalls in der Lage sind, die Entwicklung der Krankheit zu beeinflussen, und ob diese für eine neuartige Behandlung benutzt werden könnten. Prof. Pittet interessiert sich insbesondere für myeloische Zellen, zu denen Monozyten, Makrophagen, Neutrophile und dendritische Zellen gehören. Diese sind möglicherweise in der Lage, die Tumorentwicklung und die Wirksamkeit von Krebsbehandlungen zu beeinflussen.

Lehrstuhl für Hirntumor-Immunologie – Prof. Denis Migliorini (UNIGE/AGORA)

Prof. Denis Migliorini

Prof. Migliorini wurde im Januar 2020 zum Assistenzprofessor und Kliniker in der medizinischen Abteilung der Universität Genf ernannt. Seine Spezialgebiete sind Hirntumoren und die Immuntherapie mit T-Lymphozyten. Seine Laboratorien befinden sich im AGORA Krebsforschungszentrum, wo er Arbeiten auf dem Gebiet der Hirntumorimmunologie leitet.

Im November 2019 wurde Denis Migliorini der renommierte Swiss Bridge Award verliehen, mit dem hochwertige Projekte ausgezeichnet werden, die sich dem Kampf gegen Krebs widmen. Er hat im Jahr 2021 zu den Richtlinien der Schweizerischen Gesellschaft für Neuro-Onkologie beigetragen.

Forschungsgebiet

Die Behandlung von Hirntumoren gestaltet sich besonders schwierig. Obwohl das molekulare Profil von hochgradig malignen Gliomen heute detailliert bekannt ist, mangelt es immer noch an wirksamen Therapien.

Die Forschungsgruppe von Prof. Migliorini widmet sich der Entwicklung von effizienten Immuntherapien für die Behandlung von Gliomen und anderen primären Tumoren im zentralen Nervensystem.

Zu diesem Zweck haben die Wissenschaftler eine Strategie ausgewählt, die die Entwicklung von T-Lymphozyten mit verbesserten, sogenannten chimärischen Antigenrezeptoren (CAR) beinhaltet. Bei Hirntumoren ist die Behandlung mit CAR-T-Zellen besonders vielversprechend, da eine wirksame Immuntherapie für Gliome von spezifischen Verbesserungen in den Bereichen Zellverkehr, Beständigkeit und Resistenz gegen immunsuppressive Faktoren abhängt. Dank der Entwicklung von CAR-T-Lymphozyten können all diese Modifikationen erzielt werden.