Dieser « zweckgebundene Fonds für klinische Forschung » wurde im Dezember 2020 für 3 Jahre an Dr. Sacha Rothschild (Universitätsspital Basel) vergeben.
Mechanismen und therapeutisches Targeting des neuronalen, die Brustkrebspathogenese-förderndenNMDAR-Signalweges
Dieses «ISREC Stipendium» wurde im November 2020 für eine Dauer von 4 Jahren an Simge Yücel vergeben. Simge Yücel führt ihre Arbeiten in den Labors der Professoren Douglas Hanahan und Michele De Palma (EPFL/SV/ISREC) durch.
In ihrem Projekt wird sich Simge Yücel mit der Aufklärung pathogener Mechanismen und der Erforschung innovativer therapeutischer Strategien gegen Brustkrebs befassen. Insbesondere wird sie sich einem neuronalen Signalweg widmen, in dessen Mittelpunkt der NMDA-Rezeptor (NMDAR) steht. Die Hanahan Gruppe hat entdeckt, dass dieser Signalweg von Krebszellen ausgebeutet wird, um Invasion und Metastasen – die Krebsmortalität verursachenden Kennzeichen bösartiger Krebsarten – zu begünstigen. Die Rolle des NMDAR bei der Krebsentstehung wurde 2013 entdeckt und beschrieben (Li & Hanahan, Cell), und 2018, hauptsächlich in Beziehung auf Bauchspeicheldrüsenkrebs, weiter charakterisiert (Li, Zeng et al., Cancer Cell). Danach wurde im Jahr 2019 in einem grossen Artikel in der Zeitschrift Nature (Zeng et al.) die Rolle des NMDAR-Signals bei der Entstehung von Hirnmetastasen im Zusammenhang mit Brustkrebs beschrieben. Unveröffentlichte Daten aus dem Hanahan-Labor deuten darauf hin, dass die Ausbeutung des NMDAR auch in bestimmten primären Brusttumoren und bei der folgenden Metastasierung in anderen Körperteilen eine Rolle spielt. Simge Yücel wird Brustkrebs-Mausmodelle in Verbindung mit der Analyse von menschlichen Brustkrebsbiopsien verwenden, um die folgenden Forschungsrichtungen zu verfolgen:
Untersucht werden die Auswirkungen der konditionalen, krebszellspezifischen genetischen Ablation der wichtigsten Signaluntereinheit des NMDARs (GluN2B) auf die Entwicklung und das tödliche Fortschreiten von invasiven primären Tumoren und Lungenmetastasen im MMTV-PymT Brustkrebs-Mausmodell (die 2013 Cell Publikation zeigte, dass der NMDAR in diesem Modell aktiviert ist). Andere Modelle, z.B. das transgene C3Tag-Modell des dreifach negativen Brustkrebses, könnten ebenfalls verwendet werden. Geplant ist, dass nicht nur Invasion und Metastasierung, sondern auch die Auswirkungen auf die Mikroumgebung des Tumors bewertet werden, wobei eine Auswahl an hochentwickelten histopathologischen, zellulären und molekularen “‑omics” Technologien, einschliesslich der Einzelzell-RNA-Sequenzierung, zum Einsatz kommen wird.
In ähnlicher Weise werden die Auswirkungen der konditionalen, krebsspezifischen Deletion von möglichen nachgeschalteten NMDAR-Effektoren, die in der 2018 Cancer Cell Publikation beschrieben wurden, untersucht. Insbesondere werden der Transkriptionsfaktor HSF1 und der Translationsregulator FMRP unter die Lupe genommen. Es werden manipulierte Brustkrebszelllinien in Kultur und als Transplantationstumoren verwendet, um diese Effektoren weiter zu untersuchen und um aus den zahlreichen Kandidaten Schlüsselgene zu identifizieren, die von den einzelnen Effektoren reguliert werden.
Es wird eine Zusammenarbeit mit Forschern in Lund, Schweden, und in Bern aufgebaut, um Gewebe-Microarrays von menschlichem Brustkrebs auf die Expression von Komponenten des NMDAR-Signalweges zu untersuchen, insbesondere auch auf diagnostische Signalwegaktivität, die durch Immunfärbung der phosphorylierten GluN2B-Untereinheit nachgewiesen werden kann. Korrelationen mit histologischen und molekularen Subtypen des menschlichen Brustkrebses und Verknüpfungen mit schlechter Überlebensrate werden gesucht. Es werden sowohl primäre Brusttumoren als auch Metastasen in anderen Organen, wie Lunge, Leber und Knochen untersucht. Es werden Hypothesen entwickelt, die dann in geeigneten Brustkrebs-Mausmodellen überprüft werden.
Es werden mechanismusgesteuerte therapeutische Targeting-Strategien erforscht. Diese sollen entweder den NMDAR-Signalweg oder genetisch validierte, nachgeschaltete Effektoren seines malignitätssteigernden Programmes pharmakologisch hemmen und somit Invasion und Metastasierung unterbinden. Getestet werden auch rationale Kombinationen mit Medikamenten, die weitere wichtige Tumorprogressionswege stören oder die das Immunsystem so modulieren, dass die Wirksamkeit der Immuntherapie gefördert wird.
Es wird erwartet, dass diese Untersuchungen neue Chancen aufzeigen, die anschliessend in die Forschung eingebaut werden können.
Referenzen
- Li, L., & Hanahan, D. (2013). Hijacking the neuronal NMDAR signaling circuit to promote tumor growth and invasion. Cell. 153: 86-100.
- Li, L., Zeng, Q., Bhutkar, A., Galvan, J., Karamitopoulou, E., Noordermeer, D., Peng, M.W., Piersgilli, A., Perren, A., Zlobec, I., Robinson, H., Iruela-Arispe, M.L., & Hanahan D. (2018) GKAP acts as a genetic modulator of NMDAR signaling to govern invasive tumor growth. Cancer Cell, 33: 736-751.
- Zeng, Q., Michael, I.P., Zhang, P. Saghafini, S., Knott, G., Jiao, W., Brian D. McCabe, B.D., José A. Galván, J.A., Robinson, H.P.C., Zlobec, I., Ciriello, G., and Hanahan, D. (2019). Synaptic proximity enables NMDAR signaling to promote brain metastasis. Nature, 573: 526-531.
Transkriptom- und Phänotyp-Profiling der weissen Blutzellen bei Brustkrebs
Dieser «zweckgebundene Fonds» wurde im Oktober 2020 für 4 Jahre an Prof. Curzio Rüegg (Universität Freiburg) vergeben.
Trotz grosser Fortschritte in der Behandlung von Brustkrebs, stirbt heute immer noch etwa ein Viertel aller Brustkrebspatientinnen als Folge der Bildung von Metastasen. Um diese Mortalität zu reduzieren ist es entscheidend, dass die Krankheit so früh wie möglich diagnostiziert wird und dass Metastasen verhindert oder effizient behandelt werden. Studien aus unserer Forschung haben gezeigt, dass das Vorhandensein eines Brustkrebses quantifizierbare phänotypische und transkriptomische Merkmale von im Blut zirkulierenden weissen Blutzellen (Leukozyten) verändert. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass diese Veränderungen benutzt werden könnten, um das Bestehen eines primären Brustkrebses (diagnostischer Test) oder eines Rückfalls (Monitoring) anzuzeigen.
Das Ziel des vorgeschlagenen Projektes ist es, zusätzliche Daten zu generieren, die diese Beobachtungen untermauern. Dazu werden neuartige Ansätze und Technologien angewendet: Einzelzell-RNA-Sequenzierung und multiparametrische Analyse der Zelloberfläche. In unserer Studie möchten wir Frauen zum Zeitpunkt der Erstdiagnose mit gesunden Frauen, sowie Patientinnen zum Zeitpunkt des ersten Rückfalls nach der Behandlung mit solchen ohne Rückfall vergleichen. Es werden die drei biologischen Untertypen des Brustkrebses (ER+, HER2+, Triple-negativ) untersucht. Dabei handelt es sich um eine multizentrische Studie in der Genferseeregion, die vom CHUV in Lausanne koordiniert wird.
Für folgende Laboranalysen werden 20 ml Blut entnommen: i) Phänotypisierung der Leukozyten mittels Durchflusszytometrie; ii) Untersuchung des Transkriptoms und Phänotypisierung mittels Einzelzell-RNA-Sequenzierung, gefolgt von bioinformatischen Analysen. Die Laboruntersuchungen werden an der Universität Freiburg durchgeführt, die Sequenzierung im Centre des technologies génomiques (LGTF) der Universität Lausanne und die bioinformatischen Analysen im Schweizerischen Institut für Bioinformatik (SIB) in Lausanne.
Von diesen Untersuchungen erhoffen wir uns eine präzisere Validierung unserer ersten Beobachtungen und die Möglichkeit, Biomarker (Zellen, Phänotypen, Genexpression) und Biomarker-Kombinationen, die mit primärem Brustkrebs oder dem ersten Rückfall assoziiert sind, identifizieren zu können.
Diese Studie soll zum langfristigen Ziel beitragen, einen Bluttest für die Krebsvorsoge und einen Überwachungsbluttest für die Früherkennung von Rückfällen zu entwickeln. Die praktische Relevanz solcher Tests ist potentiell sehr gross. Vorsorgeuntersuchungen von Frauen und Überwachung von Patientinnen könnten modifiziert und die Lebensqualität von Frauen im Allgemeinen (Vorsorge) und von an Brustkrebs erkrankten Patientinnen (Überwachung) signifikant verbessert werden. Aus klinischer Sicht könnte ein entsprechendes Monitoring ein wertvolles, neues Instrument zur Unterstützung von therapeutischen Entscheidungen in der Behandlung von Brustkrebs darstellen.
Dieser aus einer Schenkung der Biltema Stiftung stammende «zweckgebundene Fonds» wurde im Juni 2020 für zweieinhalb Jahre an Prof. Jean Bourhis (CHUV) vergeben.
Entwicklung eines neuartigen B-Zell-basierten Impfstoffes für metastatische solide Tumoren
Dieser zweckgebundene Fonds für Immuntherapien wurde im September 2020 an die Forschungsgruppe von Prof. Lana Kandalaft (Onkologieabteilung UNIL/CHUV) vergeben.
Es ist inzwischen allgemein anerkannt, dass das Immunsystem bei der Kontrolle des Tumorwachstums eine entscheidende Rolle spielt. Tatsächlich haben die bemerkenswerten Ergebnisse, die in den letzten Jahren mit der Einführung von Krebsimmuntherapien und Checkpoint-Inhibitoren erzielt wurden, das Gebiet der Onkologie revolutioniert und das therapeutische Szenario bei vielen Tumorarten grundlegend verändert. Bei Krebsimpfstoffen, einer der verschiedenen Krebsimmuntherapien, die heute verfügbar sind, steht der therapeutische Einsatz eines bestimmten Typs von Immunzellen, sogenannte Antigen-präsentierende Zellen (APZ), im Vordergrund. Die wichtigste physiologische Rolle dieser Zellen besteht darin, pathogenassoziiertes und fremdes Material (sogenannte Antigene) abzufangen und zu erkennen, und anschliessend eine Immunantwort einzuleiten, die darauf abzielt, die antigenhaltige Bedrohung im Wirt zu beseitigen. Angesichts der zentralen Rolle, die die APZ bei der Orchestrierung einer Immunantwort spielen, ist es nicht überraschend, dass dieser Zelltyp seit den Anfängen der modernen Krebsimmuntherapie im Kampf gegen Krebs eingesetzt wird.
Anerkannte Ansätze stützten sich bis jetzt auf die Verwendung eines speziellen Typs von APZ, genannt dendritische Zellen (DZ), die lange Zeit als die potentesten APZ im menschlichen Körper angesehen wurden. Obwohl sie sich im Allgemeinen als sicher erwiesen haben und nur sehr milde Nebenwirkungen verursachen, hatten DZ-basierte therapeutische Impfstoffe bisher nur eine begrenzte therapeutische Wirksamkeit. Andererseits zeigt sich zunehmend, dass ein zweiter Typ von APZ, sogenannte B-Zellen, eine valable Alternative mit verschiedenen Vorteilen darstellt. So können B-Zellen in grossen Mengen aus dem menschlichen Körper gewonnen und vervielfacht werden, während sich bei DZ-basierten Impfstoffen die Zellverfügbarkeit oft als limitierender Faktor erweist. Auch sind B-Zellen, im Gegensatz zu DZ, resistent gegen eine funktionale Hemmung, die durch von Tumoren produzierte Faktoren hervorgerufen wird; ein Mechanismus, der die therapeutische Wirksamkeit von DZ oft einschränkt. Mehrere frühere Studien haben zudem gezeigt, dass B-Zellen tatsächlich in der Lage sind, eine starke, krebsspezifische Immunantwort zu induzieren.
Auf der Grundlage dieser kollektiven Erkenntnis konzentriert sich dieses Projekt auf die Entwicklung eines neuartigen therapeutischen Impfstoffs gegen Krebs, der auf B-Zellen basiert. Eines der ersten Ziele besteht darin, B-Zellen so zu verändern, dass sie spezielle Rezeptoren exprimieren. Diese bewirken, nach der Infusion in den Patienten, eine Anhäufung von B-Zellen im Tumor, was entscheidend ist für die Verbesserung ihrer Wirksamkeit gegen ihre Tumorziele und für die Begrenzung von Nebenwirkungen und systemischen Auswirkungen. In einer zweiten Phase werden wir unsere B-Zell-Impfstoff-Formulierung in Verbindung mit Checkpoint-Blockade-Hemmern testen; einer weiteren vielversprechenden Immuntherapie, die einen anderen und komplementären Wirkmechanismus aufweist. Checkpoint-Blockaden sind spezifische Signalwege, welche normalerweise von Tumoren entwickelt werden, um T-Zell-Aktivitäten zu hemmen und so eine Art “Bruch” in der Funktion des Immunsystems und der Anti-Krebs-Eigenschaften auszuüben. Die Kombination dieser beiden Therapien stellt potenziell eine interessante therapeutische Option dar: B-Zellen könnten das Immunsystem (oder genauer gesagt T-Zellen) gegen Tumorziele aktivieren, während eine Checkpoint-Blockade-Hemmung blockierende “Brüche” der Funktion der T-Zellen beseitigen und das natürliche Antikrebspotenzial dieser Zellen freisetzen könnte
Dank der Infrastruktur, die am Universitätsspital Lausanne und am Ludwig-Institut (Zweigstelle Lausanne) für translationale Studien zur Verfügung steht, werden wir danach den letzten Teil dieses Projektes in Angriff nehmen können. Dabei werden wir Protokolle und Tests für eine effiziente Produktion unserer B-Zell-Endformulierung in einem GMP-Kontext (Good Manufacturing Practices, gute Herstellungspraxis) entwickeln und somit ihre künftige Anwendung in klinischen Studien und Patiententests ermöglichen. Die Anforderungen für die Erprobung von Zelltherapien an Patienten (gewöhnlich als GMP-Bedingungen bezeichnet) sind natürlich ganz andere und strenger als die Bedingungen in Laboratorien und Tierversuchen. Dieser Schritt ist mit viel Arbeit verbunden: Die Therapieproduktion muss so angepasst werden, dass sie diesen Anforderungen gerecht wird. Die Validierung der Ergebnisse dieses Projektes in einem GMP-Kontext wird den Weg für zukünftige translationale Studien an Krebspatienten ebnen und potentiell dazu beitragen, dass sowohl das therapeutische Szenario als auch die klinischen Ergebnisse vorangebracht werden können.
Dieses «ISREC Stipendium» wurde im August 2019 für eine Dauer von 4 Jahren an Silvia Podavini vergeben. Silvia Podavini führt ihre Arbeiten im Labor von Professor Margot Thome Miazza (UNIL, Abteilung Biochimie) durch.
Dieses « ISREC Stipendium » wurde Andrea Agnoletto im September 2019 für eine Dauer von vier Jahren gewährt. Andrea Agnoletto führt seine Arbeiten im Labor von Prof. Cathrin Brisken (EPFL/SV/ISREC) durch.