Verbesserung der CAR-T-Zelltherapie für refraktäre multiple Myelome
Dieser «zweckgebundene Fonds», in Höhe von CHF 100’000, wurde im Dezember 2024 für ein Jahr an Prof. Carsten Riether und Dr. Marc Wehrli vergeben.
T-Lymphozyten mit einem chimären Antigenrezeptor (CAR) stellen einen wichtigen Fortschritt in der Krebsimmuntherapie dar, insbesondere bei Blutkrebs. Für diese Behandlung werden T-Zellen des Patienten so verändert, dass sie genetisch angepasste Rezeptoren exprimieren, die Krebszellen effizienter beseitigen können. Laufende Arbeiten fokussieren auf eine Erhöhung der Effizienz der CAR-T-Zelltherapie für an rezidiviertem oder refraktärem multiplem Myelom (MM) erkrankte Patienten.
Das MM ist eine Blutkrebsart, die von bösartigen Plasmazellen im Knochenmark ausgeht. Trotz Fortschritten in der Behandlung bleibt das MM aufgrund seines rezidivierenden Charakters eine schwer zu behandelnde Erkrankung. Die gegen das B-Zell-Reifungsantigen (BCMA) gerichtete CAR-T-Zelltherapie hat sich als wirksam erwiesen. Allerdings ist ihre Wirksamkeit oft nur von kurzer Dauer.
Ziel unserer Arbeit ist es, spezifische Oberflächenproteine zu identifizieren, welche die Leistung von BCMA-CAR-T-Zellen verbessern könnten. Zu diesem Zweck werden wir Blutproben von 20 Patienten analysieren; darunter 10 Patienten, bei denen die Krankheit nach der CAR-T-Zelltherapie entweder fortschreitet oder stabil ist, sowie 10 Patienten, die ein vollständiges Ansprechen auf die Behandlung erreicht haben. Die Blutproben werden zu unterschiedlichen Zeitpunkten entnommen. Unser Ziel ist es, aus diesen Proben anti-BCMA CAR-T-Zellen zu isolieren und ein CRISPR-Screening durchzuführen. In diesem Screening wird nach Oberflächenproteinen gesucht, die durch hochentwickelte Techniken der Einzelzell-RNA-Sequenzierung identifiziert wurden. Letztendlich sollen dank dieser Studie Oberflächenproteine identifiziert werden, die die Persistenz von CAR-T-Zellen beim multiplen Myelom verbessern. Die Identifizierung solcher Proteine wird die Grundlage für die nächste Generation von BCMA-CAR-T-Zelltherapien bilden und möglicherweise die Behandlungsergebnisse signifikant verbessern.
Ein systemmedizinischer Ansatz zur Bewältigung von Problemen bei der frühen Diagnose und der prognostischen Stratifizierung von Mycosis fungoides
Dieser «zweckgebundene Fonds» wurde im Januar 2024 für 18 Monate an Prof. Emmanuella Guenova (CHUV) vergeben.
Früherkennung und eine präzise Diagnose sind Schlüsselstrategien in der Bekämpfung der Krebssterblichkeit. Besonders im frühen Stadium weist Mycosis fungoides (MF), das häufigste kutane T-Zell-Lymphom, auffällige Ähnlichkeiten mit gutartigen entzündlichen Hautleiden auf, was zu zwei erheblichen Problemen führt: Verzögerung der Diagnose und eine Unsicherheit in Bezug auf die Prognose. Wir beabsichtigen, ein grossangelegtes, interdisziplinäres Projekt durchzuführen, in dem Bioinformatik, biologische Forschung und Medizin zur Anwendung kommen, um Probleme der Früherkennung und der prognostischen Stratifizierung von Tumoren wie MF zu lösen. Im Rahmen der indisch-schweizerischen Forschungsinitiative haben wir die einmalige Gelegenheit, die klassische MF und die hypopigmentierte Variante miteinander zu vergleichen. Letztere ist eine seltene, eigenständige Variante, die sich prognostisch klar von der klassischen Erkrankung abgrenzt. Wir postulieren eine Schlüsselrolle der Typ-2-Immunität in der Progression von MF. Wir sind zudem der Meinung, dass die natürlich vorkommende hypopigmentierte MF Variante mit guter Prognose und einer starken Typ-1-Immunität als guten Vergleich für den klassischen MF-Phänotyp dienen kann. Diese Gegenüberstellung soll uns helfen, die Komplexität der Erkrankung zu verstehen, negative Immunregulatoren zu identifizieren und Parameter für eine verbesserte Patientenklassifizierung und -stratifizierung zu bestimmen.
Entschlüsselung der Regeln für die Erkennung von Krebsepitopen durch T-Zellen
Dieser «zweckgebundene Fonds» wurde im Juli 2024 für ein Jahr an Prof. David Gfeller vergeben.
In der Krebsimmuntherapie spielen T-Zellen eine zentrale Rolle: Sie sind fähig, Krebszellen anzuvisieren und anzugreifen. Dafür müssen sie sogenannte Epitope erkennen; spezifische Moleküle, die auf Krebszellen, nicht aber auf gesunden Zellen vorkommen. Um die Chancen zu maximieren, dass die grosse Vielfalt der bei Krebspatienten vorkommenden Epitopen erkannt wird, werden verschiedene T-Zellen mit unterschiedlichen Rezeptoren ausgestattet. Krebsepitop-erkennende T-Zell-Rezeptoren sind für therapeutische Anwendungen vielversprechend, denn T-Zellen können mit spezifischen Rezeptoren versehen und in Patienten infundiert werden.
Es ist zunehmend möglich, verschiedene T-Zell-Rezeptoren und Krebsepitope zu identifizieren. Sehr schwierig ist jedoch herauszufinden, welche T-Zelle welches Epitop erkennt.
In unserem Projekt werden wir experimentelle und computergestützte Methoden kombinieren, um die Erkennung von Krebsepitopen durch T-Zell-Rezeptoren zu charakterisieren. Danach möchten wir KI-Modelle entwickeln, mit denen wir grosse, aus Patienten stammende T-Zell-Rezeptor-Sammlungen analysieren können. Ziel ist es, die vielversprechendsten Kandidaten für klinische Anwendungen zu identifizieren. Diese Ergebnisse sollen die laufende Forschung in der Onkologieabteilung und anderswo ergänzen, und dazu beitragen, dass die derzeitigen Pipelines durch Priorisieren der Auswahl von T-Zell-Rezeptoren für T-Zell-basierte Therapien beschleunigt und effizienter gestaltet werden können.
Multisysteme in der Krebsbiologie: das Zusammenspiel von intra- und extrazellulärer Proteostase
Dieser «zweckgebundene Fonds» wurde im November 2023 für 3 Jahre an Prof. Holger Auner (CHUV) vergeben.
Alle menschlichen Zellen müssen die richtigen Proteine zum richtigen Zeitpunkt und in den richtigen Mengen aufbauen – und später wieder abbauen. Um dies zu bewerkstelligen, müssen sie Bausteine, wie zum Beispiel Aminosäuren, verwenden und wiederverwerten, und Energie für die molekulare Maschinerie, die Eiweisse produziert und abbaut, bereitstellen. Die Feinabstimmung dieser Vorgänge stellt eine grosse Herausforderung dar, die die Zellen kontinuierlich meistern müssen, denn ein einwandfreies zelluläres «Proteom» (die Gesamtheit aller Proteine) ist für fehlerloses Funktionieren der Zellen und Gesundheit der Gewebe und Organe, in denen diese Zellen leben, unabdingbar. Dementsprechend entstehen zahlreiche Krankheiten, die oft mit dem Alter in Verbindung stehen, weil die Zellen nicht fähig sind, ihr Proteom in Ordnung zu halten.
Krebszellen wachsen und vermehren sich meist schneller als normale Zellen. Es wird deshalb angenommen, dass sie, um mit dem hohen Proteinumsatz Schritt zu halten, ganz besonders von Proteom regulierenden Vorgängen abhängig sind. Das Stören dieser Mechanismen stellt deshalb einen vielversprechenden therapeutischen Ansatz dar. Er kommt bereits bei mehreren Krebsarten zum Einsatz – unter anderem beim multiplen Myelom, einer bösartigen Erkrankung des Knochenmarks. Unsere Forschungsgruppe hat sich zum Ziel gesetzt, besser zu verstehen wie verschiedene Krebsarten ihr Proteom im Lot zu halten versuchen. Wir möchten auch Wege finden, um diese Mechanismen mit neuen Medikamenten ins Visier zu nehmen. Ein Molekül, das uns besonders interessiert, heisst GCN2. Es reguliert die Antwort von Zellen auf einen niedrigen Aminosäurenvorrat. Wir wollen verstehen, wie wir GCN2 in Krebszellen sicher ausschalten können, so dass ihr Proteom versagt und sie absterben, während gesundes Gewebe weitgehend verschont bleibt. Wir wissen aus Experimenten, dass dieser Ansatz bei bestimmten Krebszellen gut funktioniert, bei anderen aber nicht. Ein Ziel unserer Forschung ist es, die Merkmale zu identifizieren, die mit einer Abhängigkeit der Krebszellen von GCN2 einhergehen. So könnten vor einer Therapie die Patienten identifiziert werden, die vermutlich auf eine Behandlung mit GCN2-anvisierenden Medikamenten ansprechen werden. Zu diesem Zweck wenden wir einen so genannten systembiologischen oder multi-omischen Ansatz an, in dem verschiedene Technologien zum Einsatz kommen, um mehrere zelluläre Prozesse parallel zu charakterisieren (z.B. um zu verstehen, wie sich der Zellmetabolismus verändert, wenn bestimmte Gene aktiv transkribiert und in Proteine übersetzt werden). Im Einklang mit zahlreichen anderen Wissenschaftern sind wir der Meinung, dass ein solcher ganzheitlicher Ansatz in der molekularen Krebsforschung grosses Potenzial hat, um bisher unbekannte Schwachstellen von Krebszellen zu identifizieren. Um diese Achillesfersen aufzuspüren und anzuvisieren, arbeiten wir mit Forschungspartnern aus dem akademischen Bereich und der Biotechnologie- und Pharmaindustrie zusammen.
Spiegeltherapie bei Phantomschmerzen nach Brustamputation
Dieser «zweckgebundene Fonds» wurde im Februar 2024 für ein Jahr an Dr. Filipe Martins (EPFL) vergeben.
Brustkrebs ist die am häufigsten diagnostizierte Krebsart bei Frauen. In der Schweiz werden jährlich 6000 neue Fälle diagnostiziert, wobei die Inzidenz weiter steigt. Obwohl Brustkrebs nach wie vor eine der häufigsten krebsbedingten Todesursachen ist1,2, ist die Sterblichkeit in den letzten Jahrzehnten dank Umsetzung eines Mammographie-Screening-Programmes, Verbesserungen in der Chirurgie und wirksameren medizinischen Behandlungen stark zurückgegangen1,2.
Etwa 40% aller Brustkrebspatientinnen müssen sich zur Behandlung ihrer Krankheit einer Mastektomie unterziehen3. Um die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen der damit verbundenen Morbidität einzudämmen und um die Lebensqualität der Brustkrebsüberlebenden zu verbessern, ist eine Auseinandersetzung mit den Langzeitfolgen dieses chirurgischen Eingriffes angezeigt.
Beim Phantomschmerz, der sich nach einer Brustamputation einstellen kann (PBS, phantom breast syndrome), handelt es sich um eine Restwahrnehmung im Zusammenhang mit dem entfernten Brustgewebe, die von neuropathischen Schmerzen begleitet wird (ähnlich wie das Phantomschmerz-Syndrom, das nach einer Amputation auftreten kann). Obwohl die Inzidenz von PBS in der Literatur unterschiedlich eingeschätzt wird, beträgt dessen Prävalenz bis zu 30% bei Patientinnen, die sich einer Brustamputation unterziehen mussten3. Dementsprechend wird in der Schweiz jährlich bei 760 Frauen PBS diagnostiziert. Neben den als stechend und brennend beschriebenen Schmerzen können Patientinnen auch weitere Beschwerden wie Nadelstiche, Juckreiz, Kribbeln, Druck und Pochen verspüren3. Aufgrund der durch PBS verursachten körperlichen Einschränkungen und der begleitenden emotionalen Belastung wird die Lebensqualität beträchtlich reduziert. Einige Studien konnten zeigen, dass Depressionen, psychiatrische Morbidität und Angst vor erneutem Auftreten der Krebserkrankung bei an PBS leidenden Frauen vermehrt vorkommen3.
Zwischen PBS und dem Phantomschmerz-Syndrom wurden Parallelen gezogen – zum Beispiel der Zeitpunkt des Auftretens nach dem chirurgischen Eingriff und die Entwicklung unter vergleichbaren neurologischen Umständen. Es wird aber auch zunehmend deutlich, das PBS eigenständige Besonderheiten aufweist. Leider ist die Forschung auf diesem Gebiet aber noch spärlich und oft nicht schlüssig. Zu den therapeutischen Massnahmen für diese Art Schmerzen gehören neben topischen Behandlungen auch orale Medikamente wie Opiate und Antidepressiva. Haben chronische Schmerzen schon eingesetzt, sind diese Behandlungen allerdings nur begrenzt wirksam. Auch existieren derzeit keine präventiven Massnahmen, die die Inzidenz von PBS verringern könnten. Patientinnen fühlen sich oft isoliert, da das Bewusstsein für die Existenz von PBS ausserhalb der medizinischen Fachwelt sehr begrenzt ist. Dementsprechend muss die Behandlung dieses Syndroms dringend in Angriff genommen werden.
In dieser Studie beabsichtigen wir, die «Spiegeltherapie», eine gängige nicht-invasive Behandlungsform des Phantomschmerz-Syndroms, für die Betreuung von PBS-Patientinnen anzupassen. Diese Methode, die seit Mitte des 20. Jahrhunderts wirkungsvoll eingesetzt wird4,5, beruht auf der Verwendung eines Spiegels, um das amputierte Gliedmass zu verstecken. So wird es durch ein Spiegelbild des kontralateralen, gesunden Gliedmasses ersetzt, und das Gehirn des Patienten durch die visuelle Wahrnehmung von zwei funktionstüchtigen Gliedmassen getäuscht. Dies führt zu kortikalen Umstrukturierungen und einer anschliessenden Linderung der neuropathischen Schmerzen. Nach jahrzehntelanger Forschung wurde die Therapie mittels unterschiedlicher Kombinationen von physischen Spiegeln und virtueller Realität weiter verbessert und angepasst.
Ziel dieses Projektes ist die Verbesserung der Lebensqualität und des Leistungsstatus der an PBS leidenden Frauen. Zu diesem Zweck werden nicht-invasive Geräte und begleitende physiotherapeutische Sitzungen eingesetzt. Die Schmerzkontrolle soll verbessert und PBS-bedingte Behinderungen und damit hereingehende wirtschaftliche und gesellschaftliche Auswirkungen sollen verringert werden. Das Projekt ist vor einem Jahr angelaufen. Es werden nun erhebliche Mittel benötigt, um weitere Fortschritte zu erzielen.
CAR-T-Zell-Therapie für Kinder und Erwachsene bei einem Rückfall der akuten myeloischen Leukämie
Dieser «zweckgebundene Fonds» ist aus einer Zusammenarbeit mit der Jacqueline de Cérenville Stiftung und der Jan Baron Mladota Stiftung hervorgegangen. Er wurde im Juli 2023 für 5 Jahre an Dr. Francesco Ceppi (CHUV) und Prof. Caroline Arber (UNIL/CHUV) vergeben.
Einleitung
Das FIAMMA (CHIMERIC ANTIGEN RECEPTOR T CELL THERAPY FOR CHILDREN AND ADULTS WITH RELAPSED ACUTE MYELOID LEUKEMIA) Projekt wird durch eine von der ISREC Stiftung verwaltete private Spende in Höhe von 2,8 Millionen unterstützt und fokussiert auf Kinder und Erwachsene, die nach einer Standardbehandlung einen Rückfall erlitten haben.
Das «FIAMMA» Forschungsprojekt wird von PD Dr. Francesco Ceppi, leitender Arzt in der Abteilung für pädiatrische Hämato-Onkologie des CHUVs, und Prof. Caroline Arber, leitende Ärztin im Departement für Onkologie UNIL CHUV (Abteilung Immunonkologie und Hämatologie), in enger Zusammenarbeit geleitet. Ziel ist die Entwicklung einer neuartigen zellulären Immuntherapie für an akuter myeloischer Leukämie (AML) erkrankte Kinder und Erwachsene, die nach einer Standardbehandlung einen Rückfall erlitten haben.
Das Projekt steht beispielhaft sowohl für die Vision der translationalen Forschung, die vom Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV), der Universität Lausanne (UNIL) und dem Ludwig Institute for Cancer Research (LICR) umgesetzt wird, als auch für die etablierte enge Zusammenarbeit zwischen mehreren am Genfersee angesiedelten und im Swiss Cancer Center Léman (SCCL) vereinten Institutionen. Das Forschungsprojekt profitiert davon, dass die Infrastruktur der in der Krebsforschung weltweit anerkannten Onkologieabteilung UNIL CHUV zur Verfügung steht. Diese Abteilung hat schon mehrere vielversprechende klinische Studien zu neuartigen Immuntherapien für die Behandlung von verschiedenen Krebsarten durchgeführt. Darüber hinaus vereint dieses neue Projekt die sich ergänzenden Kompetenzen von zwei Experten auf dem Gebiet der Immuntherapie, die beide bereits mehrere Studien in diesem Bereich durchgeführt haben.
Das FIAMMA Projekt wird durch Zuwendungen in Höhe von 2,8 Millionen CHF finanziert. Es profitiert von der grosszügigen Unterstützung zweier privater, in Lausanne angesiedelten Stiftungen, der Jacqueline de Cérenville Stiftung und der Jan Baron Mladota Stiftung, welche sich via die ISREC Stiftung mit je 1,25 Millionen CHF beteiligen. Die ISREC Stiftung ihrerseits trägt 300’000 CHF zum Projekt bei. Unter Beizug ihres Wissenschaftlichen Rates, präsidiert durch Prof. Michael Hall, und ihrer wissenschaftlichen Direktorin, Prof. Susan Gasser, wird die ISREC Stiftung das Projekt begleiten und die über fünf Jahre (2023 bis 2027) verteilten Finanzierungsetappen koordinieren.
Akute myeloische Leukämie (AML)
Mit einer Inzidenz von 7 Fällen pro Million Kindern unter 15 Jahren ist die akute myeloische Leukämie (AML) die aggressivste Unterart der akuten Leukämien bei Kindern.
Trotz bemerkenswerten Verbesserungen in den vergangenen 40 Jahren deuten kürzlich erschienene Daten darauf hin, dass die Standardbehandlung, einschließlich konventioneller Chemotherapie und in mehr als der Hälfte der Fälle Transplantation hämatopoetischer Stammzellen (HSC), bei 30 bis 40 % aller neu diagnostizierten Patienten nicht erfolgreich ist.
Bei Erwachsenen ist in Europa die AML, mit durchschnittlich fünf neuen Fällen pro Jahr und 100’000 Einwohnern, die häufigste Form der akuten Leukämien. Die Ergebnisse der Standardbehandlung (intensive Chemotherapie, wenn möglich kombiniert mit zielgerichteten, personalisierten Medikamenten und einer HSZ-Transplantation) sind vergleichbar mit denjenigen, die bei Kindern erzielt werden. Patienten, bei denen die AML nach einer HSZ-Transplantation zurückkehrt, oder die auf eine intensive Chemotherapie nicht ansprechen, haben weiterhin eine sehr schlechte Prognose und die Entwicklung neuer Therapien für diese Patientengruppe stellt bislang einen unerfüllten klinischen Bedarf dar.
«Unser FIAMMA Projekt befasst sich mit dieser in der medizinischen Forschung oft vernachlässigten Population von pädiatrischen und erwachsenen Patienten. Wir beabsichtigen, einen neuen immuntherapeutischen Ansatz mit T-Lymphozyten, die einen chimärischen Antigenrezeptor (CAR) tragen, zu untersuchen. Der CAR verleiht den T-Lymphozyten die Fähigkeit, die Leukämiezellen direkt anzuvisieren und zu vernichten. Diese neuartige Behandlung hat Heilungspotenzial», kommentiert Prof. Caroline Arber.
Wie funktioniert eine CAR-T-Zell-Immuntherapie?
Die CAR-T-Zell-Immuntherapie steht sowohl für einen innovativen neuen Therapieansatz als auch für neue Hoffnung für die Behandlung von gewissen Krebsarten. Die Immunonkologie-Abteilung des CHUVs hat bereits kommerzielle CAR-T-Behandlungen für die akute lymphatische Leukämie (ALL), gewisse aggressive Leukämiearten und das Multiple Myelom eingeführt. Bei dieser Therapieart wird das Immunsystem des Patienten benutzt, um gegen den Krebs zu kämpfen. Die verschiedenen Nebenwirkungen sind von kurzer Dauer, im Vergleich zu den länger anhaltenden Komplikationen, die bei Standardbehandlungen auftreten können.
«In der Schweiz gibt es aktuell für die akute myeloische Leukämie weder klinische Studien noch kommerzielle Produkte auf CAR-T-Zellbasis. Studien in den USA und China stehen ihrerseits noch in einer sehr frühen Phase. Wenn wir hier in der Schweiz nicht unsere eigene akademische Studie entwickeln, werden wir mittelfristig keinen vergleichbaren Ansatz für die Behandlung von rezidivierender ALM vorweisen können», erklärt Dr. Francesco Ceppi.
Das CHUV verfügt über die notwendige Infrastruktur, um CAR-T-Produkte im Rahmen einer akademischen klinischen Studie herzustellen. Angesichts der Einzigartigkeit des Projektes können die für die FIAMMA Studie infrage kommenden Patienten – 6 Erwachsene und 6 Kinder – sowohl in der Schweiz wie auch im Ausland rekrutiert werden.
Die Etappen des Projektes
In einem ersten Schritt werden im Forschungslabor von Prof. Arber die präklinischen Studien, in denen die Wirksamkeit der neuen CAR-T-Produkte gegen AML geprüft werden, abgeschlossen. In einer zweiten Etappe werden der Herstellungsprozess und die Produktion des klinischen viralen Vektors, den es für die Expression des CARs an der Oberfläche der T-Lymphozyten braucht, optimiert. Dies geschieht in enger Zusammenarbeit mit dem Centre de Thérapies Expérimentales der onkologischen Abteilung des UNIL CHUV.
Danach wird eine wichtige Phase des Projektes darin bestehen, das Protokoll für die klinische Forschung zu entwickeln. Dieses wird anschliessend dem Schweizerischen Heilmittelinstitut (Swissmedic) und der Commission cantonale d’éthique de la recherche sur l’être humain (CER-VD, kantonale Ethikkommission) zur Genehmigung vorgelegt. Wird von den beiden Instanzen grünes Licht gegeben, kann die Phase I der klinischen Studie am CHUV beginnen, idealerweise zwischen Ende 2024 und Anfang 2025.
Die Patientenrekrutierung wird hauptsächlich in der Schweiz erfolgen, aber auch in Nachbarländern, in denen Patienten keinen Zugang zu vergleichbaren Studien haben. Die Forschenden schätzen, dass Rekrutierung und Verabreichung der Behandlung circa 24 Monate dauern werden. Auch werden vertiefte Analysen der Funktionsweise dieser neuartigen Therapie durchgeführt, mit korrelativen Studien an Proben, die während und nach der Behandlung jedem Patienten entnommen wurden. Diese Untersuchungen werden zum besseren Verständnis der biologischen Parameter, die mit dieser neuen therapeutischen Strategie einhergehen, beitragen.
Wie nährt die klonale Hämatopoese das Lymphom?
Dieser «zweckgebundene Fonds» wurde im März 2022 für 3 Jahre an Prof. Davide Rossi (Università della Svizzera italiana – Institute of Oncology Research IOR) vergeben.
Patienten, deren Lymphomerkrankung auf die Behandlung nicht anspricht, sind mit einer schlechten Krankheitsprognose konfrontiert. Jährlich sterben in der Schweiz mehr als 1100 Patienten und Patientinnen an Leukämie oder einem Lymphom. Lymphome können entstehen, wenn sich die DNA in einem Lymphozyten so verändert, dass die Zelle auf Signale, die sie normalerweise kontrollieren, nicht mehr reagiert. Um sich zu entwickeln und zu streuen, kapert das Lymphom normale Entzündungszellen, die es schützen und nähren. Gleichzeitig täuscht das Lymphom diese Zellen, indem es sich vor ihrem Angriff versteckt. Die Entzündung kann altersbedingt sein und zum Beispiel klonale Hämatopoese hervorrufen, oder durch chronische Infektionen der Lymphomzelle selbst aufrechterhalten werden.
Neuartige Verfahrensweisen in Bezug auf die Lymphomtherapie setzen auf eine Kombination aus verschiedenen Ansätzen, die sowohl auf Tumorzellen als auch auf die unterstützende Wirtsumgebung fokussiert sind. Dazu gehören i) die Reparatur des operativen Systems innerhalb der Lymphomzellen. Dies kann durch den Einsatz kleiner Moleküle erreicht werden, die Faktoren, welche zum Versagen der Zellen geführt haben, präzise identifizieren und angreifen; und ii) die Rückbildung fehlgeleiteter Entzündungszellen von lymphomnährenden zu lymphomangreifenden Zellen. Unsere Experimente werden uns auch ermöglichen zu verstehen, wie altersbedingte Entzündungen die Lymphomentwicklung begünstigen. Unser Ziel ist es, in Erfahrung zu bringen, wie die Alterung der normalen Immunfunktionen (die dazu dienen, eine Entzündung auszulösen) den Tumor und das umgebende Immunsystem beeinflusst. Auflösung auf der Einzelzellebene ermöglicht uns nun, die Alterung von Zellen des Immunsystems lokal und global zu verfolgen und mit dem Verhalten von Krebszellen in Verbindung zu bringen. Die gewonnenen Erkenntnisse werden wir benutzen, um Strategien zu entwickeln, mit denen das gesunde Immunsystem in den Kampf gegen den Tumor miteinbezogen werden kann. Dies ist von besonderem Interesse, da das Aufkommen multipler Immuntherapieansätze die Wirksamkeit von Medikamenten auf Immunantwort oder Fitness (Erschöpfung) der Antitumorantwort zunehmend in den Vordergrund rückt.