Gehirntumoren – Prof. Johanna Joyce (LUDWIG/UNIL)

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Erforschung der Rolle von Neutrophilen bei der Hirnmetastasierung

Dieser «zweckgebundene Fonds» wurde im Januar 2021 an Prof. Johanna Joyce (Universität Lausanne, Onkologieabteilung) vergeben.

Bei Krebspatienten ist die Entwicklung von Metastasen leider nach wie vor die häufigste Todesursache. Unter allen metastasierenden Krebsarten stellen diejenigen, die das Gehirn befallen, eine besonders schwierige therapeutische Herausforderung dar. Hirnmetastasen (HM) sind sehr häufig auf Melanome, Lungen- oder Brustkrebs zurückzuführen. Obwohl bei der Behandlung dieser Krebsarten an ihrem primären Standort beträchtliche Fortschritte erzielt wurden, wird bei Patienten, die HM entwickeln, ein starker Anstieg der Mortalität beobachtet. Dies ist zum Teil auf unser begrenztes Wissen über die Tumor-Mikroumgebung (TME, tumor micro-environment) von Hirnmetastasen zurückzuführen, mit der direkten Folge, dass klinische Behandlungsoptionen fehlen.

Die Bedeutung der Immun- und Stromazellen der TME in der Schaffung eines Umfeldes, das das Tumorwachstum begünstigt, ist gut erforscht. Über die Komplexität dieser Interaktionen während der Metastasierung weiss man hingegen viel weniger. Ganz besonders gilt dies für Hirnmetastasen. Die einzigartigen Eigenschaften des Gehirns schaffen eine Umgebung, die sich sehr stark von derjenigen in anderen Organen unterscheidet. Wir haben umfassende Analysen der TME in verschiedenen Proben von Hirntumorpatienten durchgeführt. So gelang es uns kürzlich, die Neutrophilen (d.h. die grösste Population zirkulierender weisser Blutkörperchen beim Menschen) als eine der häufigsten Immunzellpopulationen, die Hirntumoren spezifisch infiltrieren, zu identifizieren.

Das Ziel dieses von Prof. Johanna Joyce (Abteilung für Onkologie, UNIL, Ludwig Institute for Cancer Research Lausanne) geleiteten Projekts ist zu entdecken, wie die Neutrophilen funktionell zur Besiedlung und zum metastatischen Wachstum der Krebszellen im Gehirn beitragen. Dabei handelt es sich um die erste vertiefte Studie, welche Phänotypen und Funktionen der Neutrophilen sowohl in präklinischen Modellen als auch in an Hirnmetastasen erkrankten Patienten abdeckt.

Die vom Joyce Labor erarbeitete rigorose integrierte experimentelle Strategie beinhaltet sowohl Mausmodelle als auch Analysen von menschlichem Gewebe. Sie wird einen ersten umfassenden Überblick darüber bieten, wie die Neutrophilen die Metastasierung des Gehirns regulieren. Neutrophile werden im Allgemeinen mit einer schlechten Prognose verbunden. Es wurde aber auch festgestellt, dass diese Zellen in anderen Metastasetypen, je nach Kontext, entgegengesetzte Funktionen erfüllen. Dies ist zum Beispiel in Brust- oder Lungenmetastasen der Fall. Die Rolle der Neutrophilen bei HM wurde jedoch kaum erforscht, weshalb eine rigorose Analyse ihrer Funktionen in diesem Zusammenhang dringend erforderlich ist. Die Kombination von funktioneller Analyse von Neutrophilen in humanen HM mit der Verwendung von hoch entwickelten Maus-HM-Modellen stellt eine umfassende Strategie zur Erforschung der Erziehung von Neutrophilen durch das Gehirn besiedelnde Krebszellen dar. Diese Ergebnisse werden uns ermöglichen zu verstehen, wie sich Neutrophile der Peripherie und der TME des Gehirns zusammen mit Metastasen entwickeln und zu deren Entwicklung beitragen. Unabhängig davon, welche Art von Neutrophilen wir in den HM vorfinden, und ob sie nun tumorunterstützend oder -unterdrückend wirken, ist dies eine essentielle Frage, die wir beantworten müssen.

Dieses Projekt wird unser Verständnis der Funktionen der Neutrophilen in Metastasen erheblich verbessern und könnte später eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Therapien, die die Tumormikroumgebung der HM anvisieren, spielen. Unser Projekt befasst sich mit dem Immunsystem und der Tumormikroumgebung und somit mit einer Thematik, die derzeit im Vordergrund steht, weil verschiedene Immuntherapien rasch zu First-Line Behandlungen für viele Krebsarten avancieren. Patienten mit HM wurden bisher meist aus klinischen Studien ausgeschlossen. Dies führte zu kritischen Wissenslücken über die Art und Weise, wie neue Behandlungsmodalitäten intrakranielle Metastasen spezifisch beeinträchtigen oder begünstigen könnten. So wird der Wissensfortschritt, den wir von diesem durch die ISREC Stiftung finanzierten Projekt erwarten, die notwendige Brücke zwischen der Grundlagenforschung über die Immunität von Hirnmetastasen und der Beantwortung wesentlicher klinischer Fragen schlagen.